**** Es ist kein Geheimnis, dass die Manic Street Preachers möglicherweise meine absolute Lieblingsband sind, und das, obwohl mich keine Band so oft enttäuscht hat: kaum hatten sie Erfolg bei den Massen erreicht, korrumpierten sie sich mit hunderttausenden Pfund verschlingenden Aufnahmen, welche die Band auf Massenkompabilität trimmen sollten ("This Is My Truth Tell Me Yours"). Darauf holten sie wieder zum Generalumschlag aus mit dem tiefroten Nachfolger "Know Your Enemy", doch als sie sahen, dass das Ergebnis in den Charts und bei den so genannten Kritikern nicht ankam, veröffentlichten sie ein resigniertes, altersmüdes und schwaches Album ("Lifeblood"). Auch die von der Band vielfach angekündigte Rückkehr "Send Away the Tigers" war eher uninspiriert, der immense Erfolg der Platte war ihnen selbstverständlich zu gönnen, aber so ein Werk wollte ich nicht von der Band hören, von der "The Holy Bible" - für mich eines der besten Alben aller Zeiten - stammt. Doch die Manics wären nicht die Manics, wenn sie sich nicht immer umso beeindruckender aufrappeln würden. Wie Nicky Wire mal sagte - Radiohead sind wie John F. Kennedy: sie sind smart, sie kommen bei allen gut an und obwohl sie schlimme Fehler machten, liebt sie jeder. Die Manic Street Preachers sind wie Richard M. Nixon: das hässliche Entlein, welches immer den Kürzeren zog und trotz der Glanztaten - bei Nixon die Verhandlungen mit China und sein Krieg gegen den Krebs, bei der Band ihre besten Alben - stets für ihre Fehler zur Verantwortung gezogen werden. Jedenfalls haben die Manics bisher nach Fehlschlägen immer mit unerwarteten Kontern angreifen können: nach der überproduzierten "Gold Against the Soul" wurde aus "The Holy Bible" eine nihilistsches Meisterstück; nach dem sie mit "This Is My Truth Tell Me Yours" im Mainstream zu versinken drohten, zogen sie sich an den eigenen Haaren heraus und veröffentlichten das vielseitigste und politischste Album der Band ("Know Your Enemy"). Und als "Send Away the Tigers" im Königreich dank Radiorock-Hymnen wie "Your Love Alone Is Not Enough" oder "Autumnsong" auf der britischen Insel hunderttausende Kopien verkauften, gingen sie zu ihren Wurzeln zurück und nahmen "Journal for Plague Lovers" auf, ihr rohstes und direktestes, dazu noch bestes Album seit 15 Jahren. Doch leider - und das sage ich wirklich nicht gerade - muss man oftmals den guten Geschmack von James Dean Bradfield, Sean Moore und Nicky Wire bezweifeln. Anstatt auf der Welle des Vorgängers zu schwimmen, haben sie für "Postcards from a Young Man", welches im September erscheint, wieder ihren Hausproduzenten Dave Eringa verpflichtet, mit einem Ziel - "one last shot at mass communication". Die Musik, welche daraus resultiert, ist absehbar: vorhersehbarer Radiorock mit Streichern, arg auf die Arenen getrimmt und mit einer garantierten Top-10-Platzierung in Grossbritannien. Ich hoffe für sie, dass sie es noch einmal schaffen werden, auch ausserhalb ihrer Insel Gold und Platin zu verkaufen, wie es 1998 die Regel war, aber von einer solch grandiosen Band darf man mehr als diese Massenware erwarten. Gespaltene 4. |